Unser Gesundheitssystem – eine ganz persönliche Notiz

Früher war bekanntlich alles besser. Ausser unser Gesundheitssystem. Denn damals sprach man noch von ‘Krankenkassen’. Heute sind wir besser, den heute sagen wir ‘Gesundheitskasse’. Die helfen uns nämlich dabei gesund zu werden, sind nicht mehr nur dafür da, wenn wir krank werden.

Symbolbild: 'Leuchte nicht in Betrieb'Ärzte würden sicher auch gerne Newspeak-mässig ihre Berufsbezeichnung ändern. Schwierig, wenn man bereits einen Beruf mit einem der höchsten Ansehen hat. Wie soll man ‘Arzt’ noch steigern, ‘Gesundheitsarzt’ ist albern, das merken selbst Ärzte. ‘Gesundheitsklempner’ ist zu offensichtlich – und ja, der menschliche Körper und seine Phänomene sind schon ein wenig komplexer als Heizungs- und Abwasserrohre.

Andererseits kann so ein Arzt seine ohne Frage hohe Bedeutung innerhalb des Gesundheitswesens auch anders zur Schau tragen. Er kann an nur drei Tagen die Woche geöffnet haben, am besten jeweils nur 3-4 Stunden, die natürlich völlig willkürlich verteilt sind. Sie kann sogar nur nach telefonischer Vereinbarung Patienten ins Gesicht sehen. Das macht einen doch so richtig wichtig!

Keine Frage, es gibt viele Ärzte, die richtig gute Arbeit leisten. Die ordentlich reinhauen und erheblich mehr Stunden abreissen als so manch burn-out Abteilungsleiter im Finanzunternehmen. Wir benötigen sie auch. Ganz klar, der Verwaltungskopf des Gesundheitswesens mag manchem notwendig scheinen – manch eine mag meinen, es ginge ohne ihn überhaupt nicht, aber auf Ärzte und Krankenhäuser könne verzichtet werden. Als potenzieller Patient sehe ich das naturgegeben etwas anders.

Heute brauchte ich mal einen Arzt. Nicht zur Heilung, nicht einmal zur Diagnose, aber für eine Verwaltungsangelegenheit, um die Arbeitnehmer leider nicht herum kommen: einen gelben Zettel.

Ich arbeite im Moment in einem Bereich, in dem das Instrument meine Stimme ist. Ich gebe telefonischen Support für Premium-Elektronikprodukte – acht Stunden am Tag sprechen. Mit Laryngitis unmöglich. Können Kunden einen nicht hören, weil man keine Stimme hat, hilft das niemandem.

Nach zwei heldenmutigen Tagen, an denen meine belegte Stimme jeweils nach der Hälfte der Arbeitszeit ausfiel, war sie heute Morgen gleich in den Streik getreten. Es hatte keinen sinn, sich ins Büro aufzumachen, um wenigstens einen halben tag zu schaffen. Also dort Bescheid gegeben – Thank technology for WhatsApp and Facebook Messenger! – und auf den Weg zum Arzt um die Ecke gemacht. Ein Allgemeinmediziner., aber das Arbeitsrecht verlangt es von mir. Und wirklich kranke Menschen können mit

Wir nehmen keine neuen Patienten!

noch weniger anfangen.

Notes:
1.
Hier Rant über die Sinnlosigkeit des Begriffes und der Funktion des ‘Hausarztes’ einsetzen. Wenn Sie nicht selbst drauf kommen, stellen Sie sich vor, hier stände was Bitterböses.[/Foot]

Wir nehmen keine neuen Patienten an!

Ich wollte gar kein anstrengender Patient sein. Mir geht es gut, ich gehe mit Wehwehchen nicht zum Arzt. Ich wäre auch heute nicht hingegangen, wenn ich nicht diesen dämlichen gelben Zettel bräuchte. Eine Laryngitis ist vglw. einfach zu diagnostizieren, Differenzialdiagnosen scheiden in meinem akuten Fall klar aus, die Therapie ist simpel: schone die Stimme, trink viel. Von mir aus darf die Ärztin den üblichen Kram auf die Rechnung schreiben. Allerdings sollte sie auf die Verschreibung sinnfreier Antibiotika verzichten.

Im ungünstigsten Fall benötigen die Mediziner 5 Minuten mit mir, ich würde deren Schnitt also gut senken. Aber

Wir nehmen keine neuen Patienten!

Die nächstgelegene Praxis hat sehr eingeschränkte Geschlossenzeiten; Donnerstagvormittag gehört dazu. Also musste ich hoch zum Platz laufen, zu den diversen überkandidelt ‘Ärztehaus’ genannten Gebäuden. Auch dort wolle/könne man keine neuen Patienten …

Immerhin erbarmte sich eine Praxis, was von ‘akuten Fällen’ zu murmeln und mir einen Termin mit mglw. sehr langer Wartezeit zwei Stunden später zu geben.

Liebes Gesundheitssystem, wir haben ein Problem, wenn eure Frontlinie kranke Menschen einfach ablehnen kann. Klar, meine Laryngitis ist nichts. Normalerweise ginge ich damit auch nicht zum ArztSondern z.B. weiter arbeiten, sofern möglich, wie die letzten zwei Tage

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