Buzzword des Tages: ‘Wahlbetrug’

Klar, Worte ändern ihre Bedeutung, und ich werde jetzt niemanden mit den linguistischen Erwägungen dazu langweilen … Aber auf Teufel komm raus die Bedeutung von Wörtern der eigenen Ideologie anzupassen, ist albern. Eine Zeitlang hatten das mal als links eingestufte Kreise ganz gut drauf, weil sie darauf hofften, die miesen Bedingungen mancher Minderheit durch ein neues Label zu verbessern. Hat nicht geklappt.

Heute sind es vorwiegend selbst ernannte konservative Kreise, die beispielsweise in den USA ‘liberal’ als abwertendes Synonym für ‘Kommunistensau’ einsetzen. Komischerweise ist der Erfolg dieser Richtung, die Realität durch neue Namen zu ändern, durchaus erfolgreicher. Nicht so sehr, weil die Wirklichkeit sich ändert – so ist die Erde immer noch ca. 4,4 Mrd Jahre alt und nicht nur 6000, auch die Evolution ist nicht abgeschafft -, sondern weil viele Menschen auf die neuen Etiketten reinfallen, wie die US-Demokraten. Aber das ist ein anderes Thema.

Nun befinden wir uns, wie eigentlich immer in diesem Land, in dem Parteien und ihre Funktionäre Maximalforderungen stellen und das Blaue vom Himmel versprechen. Es interessiert weder sie noch uns Wähler, ob die Versprechen haltbar sind, es sind nicht mehr als Wunschzettel. Und wer bekommt schon immer, was er sich wünscht? Franz Müntefering ging einmal so weit, den Kritikern vorzuwerfen, wie ungerecht es doch sei, an Wahlversprechen gemessen zu werden.

Doch wenn es darum geht, dem politischen Gegner einen rein zu würgen, dann ist es vollkommen in Ordnung sogar gänzlich unpassende Vorwürfe zu erheben: von ‘Wahlbetrug’ wird dann schon mal gesprochen. Ehrlich, ein Wahlversprechen, das nicht eingehalten wird, soll Wahlbetrug sein?

Bisher haben wir damit Pseudodemokratien belegt, bei denen locker mal 98,7% aller Stimmen auf eine Partei oder sogar einen Mann abgegeben wurden – natürlich gilt das nicht für Personalentscheidungen unserer demokratischen Parteien! Wahlbetrug ist es auch, wenn Tote wählen, wie es in Chicago Jahrzehnte üblich war. Oder wenn Stimmen gekauft werden. Kurz gesagt: Wahlbetrug ist eine antidemokratische Straftat, bei der Wählerstimmen manipuliert werden.

Weder die Mehrwertsteuererhöhung vor einigen Jahren, bei der sowohl die CDU als auch die SPD im Wahlkampf was Anderes versprochen hatten, noch die vermutlich nur vorübergehende Abschaltung einiger deutscher AKWs ist Wahlbetrug. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich die Abschaltung richtig oder doof finde. Es spielt auch keine Rolle, ob ich Brüderle, Schwarz-Gelb oder Merkel mag bzw. einem von denen politisch nahe stehe. Meine persönlichen Vorlieben machen aus einem dummen Faux-pas zu einer mäßig wahrhaftigen Handlung noch keinen Wahlbetrug.

Es ist dumm, es ist unehrlich [entweder dem Wahlvolk gegenüber oder den Lobbyisten], es ist sogar albern. Nicht mehr und nicht weniger.

1 thought on “Buzzword des Tages: ‘Wahlbetrug’”

  1. Ein paar Politiker, die mich Brüderles Inkompetenz geschlagen sind und wir könnten wieder darauf hoffen nicht ständig belogen zu werden aber das ist wohl ein Fiebertraum. Ich will diese Regierung weg haben. Die nächste wird vermutlich nicht wesentlich besser aber viel tiefer können wir doch nicht mehr fallen. Wohlstand ist einfach nicht das Ende der Fahnenstange!

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