Bücher, die ich mal wieder lesen sollte

Vor ein paar Wochen habe ich eine kleine Liste mit Filmen gemacht, die ich immer wieder gerne sehe und daher auch auf eine einsame Insel mitnehmen würde. Sie war natürlich nicht vollständig, wird das auch nie sein – ich lerne neue Filme kennen, werde älter und lerne bisher abgelehnte Werke schätzen oder andersherum. Filme habe auch den Vorteil, meist nach 1 1/2 bis 2 Stunden durch zu sein.

Bücher machen es mir leichter, das Erlebnis ist zwar bei jedem Lesen anders, viel stärker noch als das Wiederansehen von Filmen, aber sie haben nur eine Dimension: Wörter. Anders als noch in meiner Jugend, lese ich auch länger an ihnen, nicht zuletzt, weil ich nicht mehr zum nächsten und nächsten und nächsten kommen muss. Ich habe schon so viele gelesen. Inzwischen sind es vorwiegend Klassiker, berühmte und weniger berühmte, die offen sind. Früher nur oberflächlich gelesen oder einen Bogen drum gemacht.

Ich bin noch nicht so alt, dass ich Fiktionales langweilig finde, wie einige bekannte Autoren in den letzten Monaten über ihre Lesegewohnheiten verlauten ließen. Allerdings lese ich seit Jahren nur noch wenig neue Belletristik, Jasper Ffordes Romane gehören dazu. So stand ich also vor meinem Bücherregal – nein, eigentlich warf ich einen Blick in meine Bücherdatenbank. Im Moment hält sie ziemlich genau 1000 Bücher, da ich seit meiner Studienzeit regelmässig Papier abstosse. Auf jeden Fall sah ich, dass es doch eine Reihe von Romanen gibt, die ich mal wieder lesen sollte. Nach dem “Knick”.

Charles de Coster. Die Mär von Ulenspiegel und Lamme Goedzak.

Auch wenn Till Eulenspiegel hier die Hauptfigur ab gibt, sogar einige seiner berühmten Streiche auftauchen, de Costers Buch ist keine einfache Komödie. Wie viele andere kontinentaleuropäische Schriftsteller der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert, wollte er nationale Identität – hier: für Belgien – schaffen. Sein Roman benutzt den bekannten Faxenmacher, stellt ihn in den Achtzigjährigen Krieg, und lässt ihn das Grauen katholischer Inquisition und gewalttätiger Unterdrückung erleben. Der Ulenspiegel ist eine Pikareske in der Tradition von Don Quijote und des Simplicius Simplicissimus, steht dabei letzterem näher. [Testfrage: Für welches berühmte russische Buch spielt der Ulenspiegel eine Rolle?]

Douglas Adams. The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy. und Dirk Gently’s Holistic Detective Agency sowie The Long Dark Tea-Time of the Soul.

Alle fünf Teile der Trilogie. Ich kann machen, was ich will, Douglas Adams satirischer Blick auf die Welt, auf Sinn und Irrsinn der Menschen und ihrer Institutionen ist so tief, dass er immer wieder Spass bringt. Gerade Satire und Komödie altern oft nicht sehr gut, weil sie zu dicht an zeitgeistigen Erscheinung entlang hangeln, Adams unterlief der Fehler nur selten und dann nur am Rande.

Ambrose Bierce. The Devil’s Dictionary.

Gut, diese Buch habe ich mehrmals im Jahr in der Hand, ein ‘sollte’ trifft es also nicht so ganz. Allerdings lässt es sich auch nicht wirklich so herunterlesen, da es tatsächlich wie ein Wörterbuch aufgebaut ist.

Miguel de Cervantes Saavedra. Don Quijote de la Mancha.

Die meisten kennen aus diesem ersten Roman der Literaturgeschichte nur wenige Elemente, häufig gerade eines, Windmühlen. Aber Don Quijote ist erheblich mehr, bis hin zu einem Liebesroman im Roman [eine Erzählung, die nichts mit den Hauptfiguren zu tun hat]. Viele satirische Seitenhiebe bleiben ohne ein wenig Einarbeitung zwar unverständlich, aber die Figuren und die Welt, die Cervantes um sie schafft, sind immer lesenswert.

Wolfgang Ecke. Die Perry Clifton Romane.

Ich habe eine Vorliebe für Kinder- und Jugendliteratur, ein Genre, in dem deutsche Autoren gerade nach dem Zweiten Weltkrieg grosses hervorbrachten. Die besten nehmen ihre anvisierte Leserschaft ernst. Wolfgang Eckes Perry Clifton Romane benutzen verschiedene bekannte Genres, vornehmlich aus der Krimiliteratur, und bereiten sie für Kinder verständlich auf. Das reicht von Komik mit Science Fiction Elementen [Der Herr in den grauen Beinkleidern] über Gothic Horror [Das Geheimnis der weißen Raben] bis zu Hard-boiled [Das geheimnisvolle Gesicht]. [im Moment wohl nicht lieferbar]

George MacDonald Fraser. Royal Flash.

Auch hier hätte ich gleich die gesamte Flashman-Reihe eintragen können, aber Royal Flash ist von allen der rundeste – ausserdem geht’s um Preussen und Deutschland. Bismarck kommt dabei nicht gut weg.

Jaroslav Hasek. Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk während des Weltkrieges.

Wieder eine Pikareske. Und wieder eine Satire. Auch hier erinnern sich die Menschen – und das sind inzwischen vermutlich nur noch Über-40er – vornehmlich an komische Elemente, vor allem an Dialekt, weil sie Peter Alexander oder Fritz Muliar [übrigens hervorragend!] gesehen haben.

Walter Kempowski. Die bürgerliche Chronik [bestehend aus: Tadellöser und Wolff, Uns geht’s ja noch Gold, Ein Kapitel für sich, Aus großer Zeit, Schöne Aussicht, Herzlich Willkommen]

Obwohl er eine gute PR hatte und vermutlich mehr als jeder andere deutsche Nachkriegsschriftsteller in TV, Radio und Presse auftauchte, hat er nie den ihm gebührenden Ruhm bekommen. Seine Chronik des deutschen Bürgers in der ersten, schrecklichen Hälfte des 20. Jahrhunderts ist komisch, ehrlich und erklärt mehr als manch symbolträchtiges Werk seiner Kollegen.

Otfried Preußler. Krabat.

Habe ich schon im zweistelligen Bereich gelesen. Aber ich lese es immer wieder gerne, mindestens jedes dritte Jahr.

Friedrich Torberg. Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten.

Die jüdische Intellektuellengemeinde im Dreieck Wien-Prag-Berlin. Urkomisch und traurig zugleich.

 

Das soll es sein. Vielleicht mache ich später auch mal eine Liste zu Fach- und Sachbüchern, aber diesmal wollte ich mich auf das Schöngeistige beschränken. Ein paar Sachen fielen nur raus, weil sie nicht unbedingt zum Lesen gedacht sind – Shakespeare, Wilde, Shaw – oder weil ich sie an anderer Stelle mit einem eigenen Artikel belege.

Notes:
1. Edit 10. Mai 2015: Link auf das eBook mit dem kompletten Werk Bierces geändert, da ursprünglicher Link ins Leere führt.
Edit 10. Mai 2015: Link auf das eBook mit dem kompletten Werk Bierces geändert, da ursprünglicher Link ins Leere führt.

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