… hat noch keinem geschadet. Sagte meine Großmutter immer. Solche Trachten hatten eine lange Tradition, nicht nur bei ihr im Haus, auch bei den Nachbarn. Und im Haus gegenüber. Egal, wo man hin kam damals, überall wurde den Kindern regelmäßig der Arsch versohlt.
Hat den Ersten Weltkrieg nicht verhindert.
Danach wurden dann die meisten Nazis – ausser sie konnten es sich leisten, dann dachten sie, die Nazis wären gut im Griff zu halten. Die Kinder hatte man schliesslich auch im Griff, jeden Abend übers Knie legen, die werden wissen warum.
Hat den Zweiten Weltkrieg nicht verhindert.
Die Tradition wurde danach aufrecht erhalten. Immer zwischendurch mal einen kräftigen Schlag auf den Hintern. Eine Ohrfeige in Ehren. Die Ohren langziehen. Damit aus ihnen bessere Menschen werden! Auch im Angesicht Gottes!
Hat Neonazis nicht verhindert.
Vielleicht sollten wir manch’ alte Tradition ein wenig genauer anschauen. Vielleicht ist Tradition kein gutes Argument. Vielleicht ist Tradition einfach nur … noch nicht vergessenes Fehlverhalten.
Ich dachte beim Verfolgen der ZDF Login-Sendung zum Thema Beschneidung am Mittwoch daran, wie verständlich, aber doch dünn die argumentative Säule der Tradition doch ist und dass vielleicht genau jetzt, mit dieser Diskussion, zumindest ein güsntiger Zeitpunkt gekommen wäre, die Beschneidung und die damit einhergehende Tradition zu überdenken.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass so Manche und Mancher, der die Beschneidung als pflichtgemäße Selbstverständlichkeit, ein völlig unhinterfragtes Ritual gesehen hat, jetzt einen Moment zumindest Zweifel haben darf, ob man an diesem Ritual nicht doch etwas oder gar etwas Grundlegendes hinterfragen und ja, das Ritual kippen oder zumindest auf eine Lebenszeit nach hinten verschieben sollte, da ein Kind selbst entscheiden kann, ob und wie es der Religion in Form eines Beschneidungsrituals huldigt.
Es gibt meines Erachtens keinen einzigen triftigen Grund, das nicht zu akzeptieren im Sinne Kindeswohl.
Gewalt an Kindern, die ‘gute alte’ Tracht Prügel ist in Deutschland verboten. Zu Recht und aus gutem Grund.
Das Grundgesetz ist hier ganz eindeutig und stellt sich ganz klar über die Erziehungssouveränität Eltern in diesem Punkt.
Warum jetzt plötzlich, bei der Diskussion um die Beschneidung als religiösem Ritual die Erziehungsgewalt und Entscheidung alleinig den Eltern zugedacht werden soll, ist mir schleierhaft.
Entweder hat man ein Grundgesetz und entscheidet/handelt gemäß oder man hat keins und streicht den Paragraphen wieder. So einfach (was die Haltung der deutschen Politik und ihrem Herumeiern in der Frage angeht)sehe ich das.
Im Übrigen bin ich überzeugt davon, dass die Haltung unserer Regierung & Großteilen der Politik eine ganz andere wäre, würden wir ‘nur’ über ein muslimisches Ritual diskutieren.
Wo waren eigentlich diejenigen, die jetzt so laut nach Ausübung der Religionsfreiheit rufen, bei der Kopftuchdebatte seinerzeit?
Aber das nur am Rande, weil mich die offensichtliche Bigotterie so anödet.
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