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Kameratragegurte

Eine ganze Sammlung unterschiedlicher Kameratragegurte: Canon, Nikon, OP/tech, UPstrap

Ausgewogen

Der Transport einer [teuren] Spiegelreflexkamera ist immer eine schwierige Aufgabe. Verpackt man sie sicher und bequem, ist sie nicht griffbereit, wenn sie gebraucht wird. Griffbereit heißt oft auch unbequem, unsicher, unbehaglich – Letzteres vor allem, weil die Kamera einen unbeweglicher und breiter macht. Jede Menge Firmen haben jede Menge Lösungen vorgeschlagen, z.B. am Gürtel zu tragende gepolsterte Taschen, Schnellwechselbajonette mit denen die Kamera ohne Tasche am Gürtel befestigt wird, hosenträgerähnliche Geschirre …

 

 

 

 

 

OP/tech und UPstrap: Tragen mit Komfort

Kamerahersteller liefern ihre Digicams, dSLRs und Film basierten Modelle heute eigentlich immer mit einem Schultertragegurt aus. Je nach Gewicht, Preis und Renommee der Kamera sind die Gurte auch ganz brauchbar. Anders als in den 1960ern und 1970ern werden die meisten heute aus gewebten Kunststofffäden hergestellt und mehr oder weniger aufwändig gepolstert und mit Antirutsch-Oberflächen versehen. Vorteil für den Fotografen: Kost nix. Vorteil Kamerahersteller: Werbung für lau.

OP/tech-Gurte aus Neopren

Trotz der recht hohen Qualität und des Preisvorteils mitgelieferter Trageriemen finden sich allerdings auch Dritthersteller, die Gurte anbieten. Natürlich sind diese Entwicklungen nicht einfach ein 1-zu-1-Ersatz, ihre Entwickler statten sie mit Fähigkeiten aus, die weit über das hinausgehen, was die Originale können. So bietet die amerikanische Firma OP/tech Tragegurte aus Neopren an; das Gummi nimmt durch Dehnung einen Teil des Kameragewichtes auf. Das ganze trägt sich sehr angenehm, hat aber zwei Nachteile, die Gurte rutschen leicht von der Schulter und die Kamera schwingt bei Bewegung.

Neopren, Nylon, Gummiband und Schnellverschluss: OP/techs Kameratrageriemen

Es ist übrigens egal, ob die Kamera außen an der Schulter hängend getragen wird oder um den Nacken gehalten vor dem Bauch. In beiden Fällen wippt der OP/tech, weil sich die Bewegung des Fotografen auf die Gummianteile der Riemen überträgt. Warum auch immer, trägt man die Kamera vor dem Bauch ist das Wippen eher schlimmer als über der Schulter.

Touri oder Profi

Viele Profis und engagierte Amateure bevorzugen es, die Kamera von der Schulter hängen zu lassen. Der praktische Nutzen gegenüber der bei [Film-] Touristen üblichen Trageweise um den Hals ist unklar; in beiden Fällen ist die Kamera schnell zur Hand. Während die Touri-Methode sicherer ist, bleibt die Kamera beim Profi-Vorgehen meist etwas unauffälliger, gerade mit langen Brennweiten. In beiden Fällen merkt der Fotograf am Abend allerdings, was er den ganzen Tag getan hat: der Nacken ist verspannt, auch Schulter- und Rückenmuskulatur melden sich.

Natürlich liegt der Hauptgrund für Muskelschmerzen und Verspannungen darin, dass relativ unterentwickelte Muskeln die schwere Kamera tragen müssen. Wird sie über die Schulter geschlungen kommt noch ein Problem hinzu, die Kamera rutscht. Das führt dazu, dass wir unbewusst unsere Schulter immer leicht nach oben ziehen.

Hinten Al Stegmeyers UPstrap für SLRs, vorne zwei Nikon TrgaegurteDer UPstrap für DigicamsHinten UPstrap, vorne Canons Original

Al Stegmeyer entwickelte den bei vie vielen Fotoprofis äußerst beliebten UPstrap

Genau hier setzt der von Al Stegmeyer aus der Praxis heraus entwickelte UPstrap an. Im Gegensatz zu OP/tech setzt er nicht darauf, das Gewicht des Geräts durch Gummi und Neopren aufzufangen. Im Gegenteil, auch der UPstrap nutzt überwiegend unelastisches Nylon, um das Gewicht zu halten. Seine Besonderheit liegt im Schulterpolster, das aus einem gummiartigen Kunststoff ist. Das Material passt sich zwar der Form der Schulter an, umarmt sie gewissermaßen, verlängert sich aber nicht durch den Zug der Kamera.

Zusätzlich ist die Oberfläche mit Noppen versehen, die sich richtiggehend in den Jacken- oder Hemdstoff verkrallen. Das Ergebnis ist ein unglaublicher Tragekomfort, schlicht weil der Gurt nicht mehr von der Schulter rutscht. Das funktioniert nicht nur auf recht groben Baumwollgeweben [z.B. Militärjacken], sondern auch auf sehr glatt verarbeiteten Materialien, von Fil d’ecosse Hemdstoff bis zu Polyester-Regenjacken. Es braucht ein wenig Eingewöhnung, die Schulter einfach locker zu lassen, da nach Jahren des Anspannens immer noch eine Restangst besteht, die teure Kamera samt Glas fiele auf den Boden. Doch nach einem Nachmittag ist es ganz natürlich. Richtig überraschend ist, dass dies Lockerlassen der Schulter-, Rücken- und Nackenmuskulatur die Fotoausrüstung am anderen Ende leichter zu machen scheint.

Der UPstrap für SLRs im Einsatz

Der UPstrap auf der Schulter

Im Einsatz

Der UPstrap ist vor allem für die Schultertrageweise konzipiert, um den Nacken gelegt ist das griffige Gummipolster eher störend; seine Stärke kann es hier ohnehin nicht ausspielen. Das macht ihn gegenüber OP/techs Produkten weniger vielseitig, denn wenn Sie gleichzeitig eine Schultertasche tragen, bietet es sich an, die Kamera vor dem Bauch zu tragen. Außer Sie gehören zu den glücklichen, die ohne Schwierigkeiten beide Schultern nutzen können [mir fällt das schwer].

Auch die Griffigkeit des UPstrap kann störend sein. Um die Kamera schnell vors Auge zu bekommen, muss der Gurt üblicherweise von der Schulter gelöst werden, eine Übung, die aufgrund des Festkrallens des UPstrap durchaus einige Übung verlangt. Al Stegmeyer empfiehlt, sich einen ganz dezidierten Schwung anzugewöhnen. Hier ist praktisch jeder andere Gurt, bis hin zum selbst geknüpften aus Bindfaden überlegen. Die eigene Gesundheit sollte es einem allerdings wert sein, einen solchen Schwung zu lernen.

Das Schulterpolster des UPstrapUPstrap Schulterpolster

Neopren, Nylon, Gummiband und Schnellverschluss: OP/techs KameratrageriemenOP/tech wartet mit Schnellverschluss und Schnelleinfädelung auf

Details OP/tech und UPstrap

Den UPstrap gibt es in verschiedenen Ausführungen, leicht und dünn für Digicams, kräftig für SLRs oder Laptoptaschen, mit oder ohne Schnelladaptersystem. Letzteres ist immer sehr nützlich, wenn Sie die Kamera längere Zeit direkt aus der Hand benutzen, z.B. im Studio. OP/tech verwendet wesentlich kleinere Verschlüsse, die bei mir über Jahre allerdings gut gehalten haben. Außerdem waren die Entwickler so nett, die gegenüberliegenden QRs [engl.: quick release; Schnellverschluss] umgekehrt anzubringen. Das ermöglicht es, nach Abnahme des Gurtes die an der Kamera bleibenden Teile direkt zu einer Handschlaufe zu verbinden.

UPstrap SLR-QRUPstrap SLR-QR an einer Nikon D2x

Der Schnellverschluss des UPstrap SLR-QR

Al Stegmeyer benutzt für seinen SLR-QR normalgroße Schnellverschlüsse, wie sie auch an Rucksäcken eingesetzt werden. Indem er sie nach innen dreht, erreicht er dafür einen völlig gerade hängenden Gurt. Anders als OP/tech sind die Verschlüsse auf beiden Seiten gleich ausgerichtet; eine einfach adaptierbare Handschlaufe lässt sich bei Stegmeyer extra beziehen. Ein sehr nützliches Detail sind übrigens die breiten Gummiringe, mit denen die offenen Nylonenden der Gurte vor dem Herausrutschen gesichert werden.

Fazit

Beide Gurtsysteme haben sich bei mir bewährt. Der UPstrap hat aber trotz einiger kleiner Schwächen klar die Oberhand. Noch nie habe ich eine Kamera so unbeschwerlich getragen wie mit ihm. Selbst eine Nikon D2x mit einer L-Platte von Really Right Stuff, einem angesetzten GPS-Gerät, einem Nikon SB-800 oben drauf und einem 70-200 mm VR Objektiv war länger bequem zu tragen als kleinere, leichtere Kameras mit anderen Gurten.

Der OP/tech Neopren-Gurt ist keine wirkliche Alternative – außer Sie bestellen nicht gerne über das Internet aus den USA. Al Stegmeyer’s UPstrap ist bisher nur direkt von seiner Website erhältlich; OP/tech Gurte finden Sie auch im deutschen Fotofachhandel.