Digitalfotografie: Mehr ist nicht besser

Es gibt eine ganze Reihe von Halbwahrheiten und Unsinn über digitale Fotografie, die irgendwie unausrottbar zu sein scheinen. Das ist nichts Besonderes, das gibt es überall, obwohl gerade technische Hobbies besonders geplagt sind. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass wir Menschen Zahlen recht einfach vergleichen können, ‘12 ist größer als 9’. Wir tendieren auch dazu wertfreie Komparative qualitativ oder gar moralisch zu interpretieren, ‘größer ist besser’.

Einer der hartnäckigsten Mythen der Digitalfotografie besagt, dass mehr Megapixel besser ist. Eine Begründung wird nicht gegeben, wird auch nicht gebraucht, denn mehr ist nun einfach mal besser – außer bei Schmerzen.

Wer sich heute eine Digitalkamera kauft, erhält zwischen 10 und 20 Megapixel, einige wenige Kompakte haben auch noch einstellige MPx-Zahlen zu bieten, ebenso wie die in Handys eingebauten Module. Diese Zahlen geben die absolute Auflösung des Kamerasensors an, sind also was die Auflösung angeht direkt vergleichbar – 2500 px x 4000 px ergeben immer ein Bild von 2500 px x 4000 px. Interessant wird es, wenn wir sehen, wie diese Pixel verteilt sind, sowohl auf der Aufnahme- wie auf der Ausgabeseite.

Aufnahme

Wir können Kameras grob in drei Kategorien einteilen:

  • Handys/Webcam
  • Kompakte [auch Digicams]
  • dSLRs

Sie unterscheiden sich selbstverständlich nach Funktionalität, doch für uns ist ein anderer Aspekt wesentlich, der Sensor bzw. seine Größe. Mit wenigen Ausnahmen werden in Handys winzig kleine Sensor-Chips verbaut, wie sie auch in Webcams benutzt werden. Schon ein Blick auf die Kameraöffnung macht klar, wie klein diese Teile sind.

Digicams haben zwar erheblich größere Sensoren, werden aber noch geschlagen von dSLR, die mit APS [bei Nikon: DX] oder so genanntem Fullsize daherkommen; Fullsize heißt hier, der Sensor-Chip entspricht der Größe des bekannten Kleinbildnegativs. Einen Eindruck von den Größenverhältnissen gibt der entsprechende Wikipedia-Artikel.

Ausgabe

Bei der Ausgabe ist es etwas komplexer, da wir es hier mit ganz unterschiedlichen Geräten und Formaten zu tun haben. Monitore geben die Pixel des Bildes direkt wieder, abhängig ausschließlich von der absoluten Auflösung, verschiedene Größen kommen hier ausschließlich auf Grundlage der Größe der individuellen Pixel zustande. Die physische Größe des Bildschirms in zoll oder Zentimeter spielt keine Rolle.

Fotos werden klassisch auf Papier ausgegeben. Ganz im Ernst, ein Bild wirkt immer noch am besten gedruckt, gerahmt und an die Wand gehängt. Welche Größe hier am Ende das Bild hat, ist frei bestimmbar, obwohl sich aus guten Gründen in Kontinentaleuropa die DIN-Reihe durchgesetzt hat. Die hat zwar den Vorteil, besonders harmonisch zu wirken und bei Halbierung das Seitenverhältnis beizubehalten. Dummerweise besitzen Kamerasensoren aber ein anderes Seitenverhältnis, was beim Druck entweder zu Verschnitt oder Bildverlust führt.

Relative Auflösung – in der Kamera

Je kleiner der Sensor-Chip einer Kamera – bei gleicher absoluter Auflösung – desto mehr Details nimmt er auf. Die eigentlichen Bildsensoren liegen dichter beieinander, es kann zwischen ihnen weniger Bildinformation hindurch flutschen. Leider erkaufen wir uns diese zusätzlich Information mit einem elektrischen Phänomen, dem Störabstand. Jedes Sensorelement benötigt Strom, der wiederum Elektronen anregt. Und diese können auf das nächste Element überspringen, somit Licht vorgaukeln. Selbst im stockdunklen Raum sieht der Sensor also Licht, wo keines ist.

Eine Möglichkeit, das resultierende Bildrauschen zu vermindern, ist ein größerer Abstand zwischen den Sensorelementen, den Pixeln. Genau deshalb haben Digicams und noch viel stärker Handycams viel unsauberere, verrauschtere Bilder als dSLR, die 12 MPx auf viel größerer Fläche verteilen.

In der Fläche betrachtet

Vergessen Sie beim Vergleich der angegebenen Auflösung nie, dass wir es bei Fotos mit einer Fläche zu tun haben. Um eine effektiv doppelt so hohe Auflösung zu erreichen, brauchen wir viermal so viel Pixel – nämlich eine Verdoppelung sowohl in der Höhe wie in der Breite.

Relative Auflösung – an der Wand

Nun müssen wir die aufgenommenen Pixel auf Papier bringen. Das bedeutet jetzt aber, dass wir die Menge an Pixeln auf eine arbiträr große Fläche verteilen müssen. Der Abstand zwischen den Bildelementen variiert jetzt also je nach Größe des verwendeten Papiers. Der Einfachheit halber rechnen wir allerdings üblicherweise mit einer festen Ausgabegröße und setzen die Anzahl der Pixel dazu ins Verhältnis:

  • 150 dpi = 150 Punkte auf 1 Zoll [= 2,54 cm]
  • 300 dpi = 300 Punkte auf 1 Zoll
  • 360 dpi = 360 Punkte auf 1 Zoll
  • 600 dpi = 600 Punkte auf 1 Zoll
  • 720 dpi = 720 Punkte auf 1 Zoll

Es handelt sich hierbei um einige gebräuchliche relative Auflösungen von Druckern, wobei die 150 von mir nur als unterer Wert für sinnvolle Druckausgabe eingefügt wurde.

Da wir nicht einfach mehr Pixel reinwerfen können, als wir haben, ist klar, dass die schlussendliche Ausgabegröße von der Verteilung vorhandener Bildelemente abhängt. Auch dazu gibt es eine Tabelle in der Wikipedia, gleich unterhalb des Sensorgrößenvergleichs.

In der Praxis

Die Entscheidung darüber, wie viele Pixel unsere Kamera haben sollte, hängt davon ab, wie wir typischerweise unsere Fotos nutzen. Veröffentlichen wir nur im Internet, beispielsweise bei Facebook, Picasa oder Flickr kommen wir mit einer Endgröße zwischen 640 x 480 px und 1024 x 768 px aus, alles, was darüber hinaus geht, lässt sich von vielen Betrachtern ohnehin nur noch ausschnittweise ansehen, sie müssen scrollen. Das hieße, eine Kamera müsste nicht mehr als 1 MPx haben [wegen der runden Zahl].

Für die Papierausgabe am Heimdrucker werden meist 300 dpi empfohlen. Gehören Sie zu den Lupenbenutzern, brauchen Sie 300-600 dpi, sehen Sie Bilder lieber aus einem natürlich-harmonischen Abstand an, vergeuden Sie Lebenszeit mit mehr als 200 dpi [wg. längerer Druckzeit].

Rechnen wir mit 300 dpi:

  • Postkarte [100 x 150 mm] benötigt etwas mehr als 2 MPx
  • A5 [148 x 210 mm] benötigt etwa 4 Mpx
  • A4 [210 x 297 mm] benötigt etwa 9 MPx
  • A3 [297 x 420 mm] benötigt etwa 20 MPx

Diese Zahlen beziehen sich auf einen Direktdruck von der Kamera, also ohne jede Bildbearbeitung und –optimierung. Ich drucke seit Jahren mit geringerer relativer Auflösung, 150-200 dpi, womit ich die Ausgabegröße bezogen auf die Kamerauflösung praktisch verdoppele – ich brauch nur halb so viele MPx. Durch Optimierung der Bilder für den Druck, beispielsweise mit QImage, erhalte ich auch wesentlich größere Formate ohne sichtbare Qualitätsverluste.

SonnenuntergangDieses Foto entstand mit einer Canon G2, einer 4 MPx Digicam, ich habe es für einen Kunden in A3 gedruckt. Ein wunderschönes Bild, das an der Wand keinerlei Probleme aufzeigt.

Quick Tip

Stehen Sie vor der Wahl eine Kamera zu kaufen? Hier meine Empfehlung:

  • Sie drucken regelmäßig nur in Postkartengöße oder A5 – 4-5 MPx sind reichlich, allerdings sollten Sie zu einer Digicam oder sehr preisgünstigen dSLR greifen
  • Sie drucken nie, veröffentlichen nur im Internet, haben auch nur wenig Ambitionen – eine Handycam mit 1-3 MPx
  • Sie wollen mehr als Urlaubs- und Familienbilder, drucken oft A4-A3+ – greifen Sie zu einer 12 MPx dSLR
Notes:
1. Drucken Sie das gesamte Bild auf das vorhanden Papier, verlieren Sie Papierfläche; drucken Sie vollflächig, gehen unweigerlich Bildinformationen flöten
2. Als Faustregel ergibt die Halbierung von dpi-Werten die Auflösung in Linien pro Zoll [lpi], wie sie bei Offsetmaschinen benutzt wird.
Drucken Sie das gesamte Bild auf das vorhanden Papier, verlieren Sie Papierfläche; drucken Sie vollflächig, gehen unweigerlich Bildinformationen flöten
Als Faustregel ergibt die Halbierung von dpi-Werten die Auflösung in Linien pro Zoll [lpi], wie sie bei Offsetmaschinen benutzt wird.

1 thought on “Digitalfotografie: Mehr ist nicht besser”

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