Zur Sache, Filmchen!

Man soll ja auch nicht alles so ernst nehmen. Während ich also an einigen tiefer gehenden Betrachtungen über Meinungsfreiheit, Neurotheologie und Ideentheorie arbeite, schiebe ich schnell ein wenig Spass ein. @Cohnina dachte aus unerfindlichen Gründen, es sei eine gute Idee, von mir eine Top-Ten-Filme-Liste zu sehen. Sie wissen schon, eine dieser völlig überflüssigen Auflistungen der immer selben Titel. Ich habe auch schon “originelle” Top Tens gesehen, auf denen die Autoren schon krampfhaft gegen die üblichen Verdächtigen anlisteten. Tipp: das ist ebenso unoriginell wie Citizen Kane drauf zu haben.

Jeder weiß, dass solche Listen vom persönlichen Geschmack des Erstellers abhängen, trotzdem gibt es Kriterien, nach denen die Qualität eines Filmes oder Buches begutachtet werden kann. Es gibt halt einen Unterschied zwischen ‘ist gut’ und ‘gefällt mir’. Eine absolute Top Ten habe ich nicht fertig gebracht, wie soll ich auch zwischen einem 50er Jahre John-Wayne-Western und einer 90er Komödie über den Fall der Mauer entscheiden?

Ich habe mehrere Listen mit jeweils nur fünf Filmen und ohne Rangfolge angelegt. Wesentliches Kriterium war für mich, ob ich die einzelnen Filme mit auf die berühmte einsame Insel ohne Stromanschluss mitnehmen würde. Eine rein nach literaturtheoretischen oder –historischen Kriterien erstellte Liste widerspräche dem ersten Satz dieses Beitrages.

Komödie

  • His Girl Friday [Howard Hawks]
  • Goodbye Lenin!
  • Life of Brian
  • Four Weddings and a Funeral
  • Some Like It Hot

Vier der fünf dürften niemanden überraschen, tauchen sie doch immer wieder als beste Komödien auf. Sie alle glänzen durch hervorragende Dialoge und Drehbücher, die über den schnellen Lacher hinaus gehen. Es sind die beiden jüngsten Filme, die außerdem Lachen und Trauer nebeneinander setzen und dadurch die menschliche Natur weiter erforschen. Die Vielschichtigkeit der deutschen Komödie Goodbye Lenin! überrascht mich auch nach mehr als einem halben Dutzend mal ansehen.

Satire

  • Duck Soup [Marx Brothers]
  • Brazil
  • To Be or Not to Be [Ernst Lubitsch]
  • Mon Oncle
  • Ace in the Hole

Ein Genre, bei dem man sich immer auf sehr dünnem Eis bewegt. Neben der bitterbösen, gar nicht komischen Billy-Wilder-Satire über die Verführbarkeit der Massen, Korruption und den sterbenden Journalismus findet sich bei mir der sanfte, melancholische Blick Jacques Tatis auf eine moderne Welt, die sich dem Menschen zu entziehen scheint.

Western

  • The Searchers
  • Il buono, il brutto, il cattivo
  • Rio Bravo
  • Vera Cruz
  • Naked Spur

Machen wir uns nichts vor, der Western erreichte seinen Höhepunkt in den 1950er. Es war noch genug Optimismus übrig, um die Eroberung des amerikanischen Kontinents als geschichtliche Heldentat zu verklären, aber die Naivität, weisse und schwarze Hüte zu sehen, war durch. John Wayne demontierte in The Searchers seine übermenschliche Heldenfigur, bevor sie geschaffen wurde; Robert Aldrich entlarvt das Genre als eines für präbubertäre Jungs. Die gnadenloseste Abrechnung mit den Mythen schafft aber erst ein Italiener 1966.

Krimi/Thriller

  • The Maltese Falcon
  • Dirty Harry
  • Zodiac
  • Laura
  • The French Connection

Angst geht immer. Im Krimi wird sie aufgelöst durch Rationalität und harte Arbeit. Moralisch waren seine Helden nur in den wie Märchen anmutenden Geschichten Agatha Christies und ihrer Epigonen. Die Amerikaner setzten oft gebrochene, fast immer moralisch fragwürdige echte Kerle dagegen. Sam Spade, Harry Callahan, Popeye Doyle – gewalttätige Männer, deren eigene, verschrobene Moral über gesellschaftlicher Ethik steht. Dazwischen verliebt sich ein Polizist in ein Mordopfer. Und Zodiac ist der einzige Film, der mir immer wieder Angst macht.

Spionage/Verschwörung

  • On Her Majesty’s Secret Service
  • North By Northwest
  • Casino Royale [2006]
  • Casablanca
  • The Third Man

Ist es nicht seltsam, dass ausgerechnet in dieser Kategorie so viele mittelmässige Drehbücher zu erfolgreichen Filmen führen? Mit Ausnahme von The Third Man bietet keiner dieser Filme glaubwürdige Charaktere, Handlungen oder Dialoge. Und doch haben wir unter diesen zwei echte Klassiker und zwei spannende Heldenspektakel.

Drama

  • 12 Monkeys
  • El Laberinto del Fauno
  • Once Upon a Time in America
  • Curse of the Golden Flower
  • House of Flying Daggers

Obwohl seit den 1980ern im Kino die Blockbuster-Genre-Filme überwiegen, habe ich nur neuere Dramen gefunden, die mich so weit interessieren, sie immer wieder zu sehen. Teils wegen der vielschichtigen Erzählungen, teils weil die Regisseure das menschliche Drama wunderbar über Bilder erzählen.

Krieg

  • Band of Brothers
  • Three Kings
  • All Quiet on the Western Front
  • The Big Red One
  • Kagemusha

Ja, ich schummele. Band of Brothers ist kein Kinofilm, sondern eine TV-Miniserie, aber ihre Produktionswerte entsprechen auf allen Ebenen dem Besten, was das Kino je zu bieten hatte. Die Länge ist auch nicht ausschlaggebend, ist diese Serie doch bereits kürzer als Peter Jacksons Lord of the Rings.

Abenteuer

  • Hatari!
  • Indiana Jones and the Temple of Doom
  • Adventures of Robin Hood [Michael Curtiz]
  • King Kong [1933]
  • Sieben Samurai

Ich zieh die 1933er Version von King Kong jeder anderen vor, weder Dino de Laurentiis noch Peter Jackson hat ihr irgendwas hinzugefügt – ausser langweiliger Laufzeit. Leute, mehr Länge ist wirklich nicht besser. Die eigentliche Überraschung dürfte für alle der von mir ausgewählte Indiana Jones sein, der im allgemeinen als zweitschwächster gesehen wird. Es ist aber gerade dieser, der die zugrunde liegenden Serials und Abenteuercomics [Frank Robbins Johnny Hazard z.B.] optimal einfängt. Die Gralsgeschichte sieht oft aus wie eine billig produzierte Abbott-und-Costello-Version von Raiders.

Science Fiction/Fantasy

  • Alien
  • Los Cronocrimenes
  • A Chinese Ghost Story 1
  • Metropolis
  • Hellboy 2

Vielleicht nicht wirklich mein Genre. Oder es ist einfach ein viel zu grosser Sammelpott, um eine sinnvolle Auswahl zu treffen. Ehrlich, ich hätte ohne Schwierigkeiten 5 oder 10 andere Filme listen können. Los Cronocrimenes spielt brilliant und ohne tricktechnischen Aufwand mit Zeitreisen und unseren Erwartungen; seine ganze Stärke stammt aus einem hervorragenden Drehbuch.

Horror

  • The Horror of Dracula [Christopher Lee]
  • An American Werewolf in London
  • Nosferatu [Friedrich Wilhelm Murnau]
  • Texas Chainsaw Massacre
  • Day of the Dead [George Romero]

Noch ein Genre, dass mit Angst spielt; im Krimi wird sie besiegt, der Horrorfilm macht uns deutlich, wie sehr wir Angst haben sollten – vor der netten Familie nebenan, dem lieben Jungen, der Schlimmes erlebt hat … Selbst die Untoten müssen Angst haben.

Kinder/Familie

  • Ponyo
  • Totoro
  • Bambi
  • Die Feuerzangenbowle [1944]
  • Wizard of Oz

Wenn es nach mir ginge, würde ich alle Filme Hayao Miyazakes aufnehmen, er hat seit 1984 nur Meisterwerke gedreht.

Doku/Faction

  • Gorillas in the Mist
  • 42Up
  • World at War [BBC]
  • Civilisation [Lord Kenneth Clark]
  • Walking With Dinosaurs

Eine leider zu oft vergessene Kategorie, und diesmal musste ich noch mehr schummeln: vier der genannten sind TV-Produktionen, nur ein Kinofilm ist darunter. World at War ist bis heute die Dokumentation über den Zweiten Weltkrieg, es gibt nichts Besseres. Michael Apted besucht in seiner Up-Serie alle sieben Jahre die immer gleichen Menschen seit ihrem siebten Lebensjahr und unterhält sich mit ihnen, was sich geändert hat.

Hirnloser Spass

  • Armageddon
  • Star Wars, Episode 3: Revenge of the Sith
  • Back to the Future
  • Blues Brothers
  • Demolition Man

Keiner dieser Filme wird jemals als Meisterwerk gehandelt werden. Das heisst nicht, dass sie schlecht sind, im Gegenteil, zwei der fünf sind zu Recht Klassiker, zwei sind leider unterschätzt und Armageddon bringt einfach immer wieder Spass. Nichts anderes darf von diesen Filmen erwartet werden.

Noch viel mehr Filme, natürlich nicht alle Klassiker oder Meisterwerke, einige nicht mal gut, finden sich in meiner DVD-Liste.

3 thoughts on “Zur Sache, Filmchen!”

  1. El Laberinto del Fauno – bleibt einem auf jeden Fall im Gedächtnis. Einerseits ist die Brutalität verstörend, andererseits ist er so kindlich und fantastisch. Für meine allgemeine Liste war er leider zu speziell…

    Die von dir genannte To Be or Not to Be Verfilmung klingt interessant, mal sehen ob wir den irgendwo erwischen.

    Danke für’s auflisten! 🙂

  2. Ich scheine wirklich der einzige zu sein, der El Laberinto … für einen Film mit Happy End hält – die Prinzessin wird aus ihrer menschlichen Hülle befreit und kann so zurückkehren zu ihren Eltern.

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