Ein Kölsch zuviel

Das folgende war ursprünglich ein Kommentar innerhalb einer Facebook-Diskussion. Es kam die Frage auf, wie die diversen mutmasslichen sexuellen Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht von der anwesenden Polizei unbemerkt bleiben konnte. Ich habe ihn ein klein wenig überarbeitet.

Das ist unbemerkt geblieben, weil

a) dichte Menschenmenge, in der es zu Rempeleien kommt,
b) das Berühren der Figüren eine übliche Masche bei Taschendiebstahl ist,
c) die Einsatzkräfte vor Ort erst einmal eindeutig problematische Handlungen durch viele, möglicherweise nicht mehr nüchterne Personen klären mussten. Bekannt ist das Werfen von Böllern in Menschengruppen.

Die angebliche Massierung der Taschendiebstahlversuche an einem grossstädtischen Hauptbahnhof, ausgerechnet an einem lauten Feiertag, der von fast allen mit viel Alkohol und Krach begangen wird, ist nicht überraschend. Ebensowenig überrascht es, ähnliche Situationen an anderen gut besuchten Orten quer durch die Bundesrepublik zu finden, wie z.B. in Hamburg.

Genau dasselbe findet zu jedem Volksfest, Strassenfest, Oktoberfest, Dom [für die Hamburger], Hochfrequenztag an Bahnhöfen/Flughäfen etc. statt. Mit genau denselben Methoden übrigens: Ablenken durch anrempeln, antatschen, einhaken während eine zweite Person klaut und die dritte mit den gestohlenen Gegenständen verschwindet.

Möglicherweise waren es diesmal mehr Taschendiebstahlversuche, möglicherweise sind einige Banden im Moment dabei, richtig abzusahnen, möglicherweise nutzen die Banden auch die Flüchtlingssituation aus. Ausserdem gibt es in Deutschland endlich ein deutlich höheres Bewusstsein bzgl. Körperkontakt, Intimsphäre und sexueller Angriffe, so dass ein Begrabbeln durch einen Mann eher angezeigt wird als früher. In Köln gab es eventuell eine ganze Reihe Anzeigen wg. sexueller Belästigung, weil der Taschendiebstahl unbemerkt oder erfolglos blieb. Wer hingegen merkte, bestohlen worden zu sein, zeigte diesen [auch wegen Versicherung] an, nahm den Körperkontakt vielleicht weniger oder gar nicht als schlimm wahr. Immerhin gehören Büzchen und ‘von hinten an die … Schultern’ zum Standardrepertoire toitscher Feierkultur

Neben den Angaben der Polizeibehörden sowohl in Köln wie in Hamburg, dass es sich um organisierte Diebesbanden handelt, spricht auch das Verhältnis der Anzeigen 3/4 ‘andere’ zu 1/4 sexuelle Belästigung. Ob da am Ende noch etwas Anderes im Spiel war? Ich weiss es auch nicht; da werden wir weitere Ermittlungen abwarten müssen.

Epilog: Verhaltensregeln

Während ich dies schreibe, kommen Meldungen rein, dass Politik und Polizei in Köln an Verhaltensregeln für Frauen im Karneval arbeiten. Das werden dann sicherlich Bekleidungs- und Ausgangsregeln sein, wie man sie von islamischen Hardlinern kennt. Vermutlich etwas modifiziert.

Was für ein seltsames Menschenbild steckt eigentlich in den Köpfen dieser Menschen? Selbst wenn Silvester in Köln und Hamburg konzertierte Aktionen zur Massenvergewaltigung von Frauen stattgefunden hätten, sind doch nicht die belästigten Frauen daran schuld! Das ist, was Larry Wilmore die complicit culture nannte: Belästigte Frauen werden schon selbst schuld sein, die Männer können nichts dafür.

Wir brauchen auch keine neuen Verhaltensregeln für Männer, sie sollten sich endlich an die halten, die es schon lange gibt. Und wir als Gesellschaft sollten endlich aufhören, sexuelle Belästigung, sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung als Kavaliersdelikte schön zu reden.

Liebe Männer, haltet ihr euch wirklich für triebgesteuert? Meint ihr wirklich, ‘ihr ‘konntet ja nicht anders’? Ist das euer geistiges Niveau, knapp unterhalb eines Brüllaffen? Ich weiss, nicht wenige meiner Geschlechtsgenossen glauben, Männlichkeit durch lächerliche und oft gewalttätige Rituale beweisen zu müssen. So wie viele immer wieder ihre angeblich vorhandenen Egos beweisen müssen. Tipp: Ihr beweist nur, dass ihr weder Ego noch Männlichkeit habt.

Notes:
1. Das Verhältnis basiert auf den Zahlen, die am 5. Januar 2016 mittags bekannt waren. Am 6. Januar vormittags schrieb Panoramas Chefin Anja Reschke auf Facebook ‘Bei 15 von bislang 90 Anzeigen geht es um Sexualdelikte’
2. Ja, ich bezweifle das. Ich bezweifle auch, das es den Tätern überhaupt darum ging zu belästigen.
3. Während einer Nummer über die Verhaftung Bill Cosbys wg. sexueller Nötigung und Vergewaltigung. The Nightly Show vom 4. Januar 2016, Comedy Central.
Das Verhältnis basiert auf den Zahlen, die am 5. Januar 2016 mittags bekannt waren. Am 6. Januar vormittags schrieb Panoramas Chefin Anja Reschke auf Facebook ‘Bei 15 von bislang 90 Anzeigen geht es um Sexualdelikte’
Ja, ich bezweifle das. Ich bezweifle auch, das es den Tätern überhaupt darum ging zu belästigen.
Während einer Nummer über die Verhaftung Bill Cosbys wg. sexueller Nötigung und Vergewaltigung. The Nightly Show vom 4. Januar 2016, Comedy Central.

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