Liegt es an mir, bin ich einfach schneller genervt von falschen Zuweisung, ist es eine Berufskrankheit? Im Internet scheint sich inzwischen kaum mehr jemand dafür zu interessieren, wer etwas gesagt oder geschrieben hat.
Vor einigen Wochen geisterte andauernd ein Satz, den angeblich Helmut Schmidt – der frühere Bundeskanzler der BRD – gesagt oder aufgeschrieben hatte:
The whole problem with the world is that fools and fanatics are always so certain of themselves, but wiser people so full of doubts.
Der Satz wurde in einer adäquaten deutschen Übersetzung vertweetet und -facebooked. Tatsächlich stammt er von Bertrand Russell, was, sollte Schmidt ihn wirklich benutzt haben, diesem auch bewusst war – immerhin war er ein Popper-Jünger und dürfte sich daher mit Russell auch gut beschäftigt haben.
In den letzten Tagen läuft mir immer wieder ein Bild Harald Leschs mit dem Satz
Zu jedem komplexen Problem gibt es eine einfache und leicht verständliche, aber falsche Lösung
über den Monitor. Nur ist dieser Satz mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Lesch. Auch hier gilt: ihm dürfte das klar sein. Ich kenne ihn als jemanden, der gern zitiert, aber dann auch Quellen angibt. In diesem Fall ist der Ursprung nicht ganz einfach zu bestimmen. Zuerst traf ich bei meiner Recherche auf
aus dem Jahre 2010. Viel früher wird der Satz allerdings von Umberto Eco 1988 in Das Foucaultsche Pendel verwendet. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass auch er es woanders her hat, vielleicht von einer Variante Murphy’s Laws, die ich fand und die ziemlich wörtlich dem angeblichen Lesch-Satz entspricht
Liebe Kommunikatuionsfreunde, liebes internet: Lasst das. Wirklich, ihr schadet euch, den vorgeblich Zitierten und selbstverständlich jenen, die das einfach so glauben. Ein oder zwei Generationen weiter und Geschichte wie Wahrheit sind nur noch Trump’scher Art. Also fake.