Grenzpfahl der DDR in Lauenburg 1989

Deutschland geteilt

Schon länger arbeite ich nebenher an einem Projekt über die deutsch-deutsche Grenze. Angestoßen wurde es durch eine Reihe propagandistischer Broschüren der späten 1950er, herausgegeben vom damaligen Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen.

Berlin lange nach dem Mauerfall:

Vor dem Bahnhof Potsdamer Platz samt Mauerkennzeichnung

An dieser sehr prominenten Stelle ist der Verlauf der Mauer kenntlich gemacht.

Die Berliner Mauer war schnell zum Symbol für Unmenschlichkeit und Sinnlosigkeit geworden. Gebaut wurde sie lange nach der Teilung in BRD und DDR. Die folgenden Bilder stammen aus der Zeit vor dem 13. August 1961, dem offiziellen Baubeginn der Mauer.

Kinder an der Zonengrenze in den 1950ern

‘Kinder stehen an Grenzpfählen – Zonengrenze in Buckow, Waßmannsdorfer Straße, und in Rudow, Schönefelder Straße. Sie schauen hinüber in ein Land, das auch für sie Heimat und doch unerreichbar ist. Selbst ihr Spiel ist durch ein barbarisches System behindert. Wie lange noch?’

Die Grenze trennt in Berlin Bürgersteig von Vorgärten

‘Harzer Straße/Ecke Bouchéstraße (Bezirk Neukölln) und Leuschner-Damm/Ecke Bethanienstraße am “Engel-Becken” (Bezirk Kreuzberg). Besondere Beispiele für eine sinnlose Grenze: Straße und Bürgersteig gehören zum Ostsektor, die Vorgärten und Häuser zum Westsektor. Verschiedentlich kam es hier zu Übergriffen sowjetsektoraler Polizisten, die Hausbewohner auf dem Bürgersteig festnahmen. Daraufhin wurde innerhalb der alten Vorgärten ein “Umgehungsweg” zu den Hauseingängen geschaffen.’

Vielerorts aber erinnern sich schon jetzt nur noch ältere Mitbürger daran, wie es denn mitten in Deutschland, mitten in Europa einmal aussah. Wo heute ungehindert Bundestraßen und Autobahnen Ost und West miteinander verbinden, durchschnitt bis zum Herbst 1989 eine tief gestaffelte, schwer bewaffnete Befestigungsanlage deutsche Landschaften.

Eine Bahnstrecke endet mitten auf der Strecke und die Brücke über den Fluss ist weg

‘Die einst stark befahrene D-Zug-Strecke Stuttgart–Berlin endet an der Zonengrenze im Landkreis Mellrichstadt in Unterfranken. Das Signal steht auf “Halt”! Wie lange noch? — Die im Krieg zerstörte Eisenbahnbrücke im Landkreis Lüchow-Dannenberg. An der Elbe zwischen Lauenburg und Schnackenburg verläuft die Zonengrenze am jenseitigen Ufer.’

Eine Frau schaut zum verfallenden Geburtshaus ihres Mannes

‘Die Bevölkerungsbewegung im beiderseitigen Zonengrenzgebiet — Trotz aller Versuche der SED, die Bevölkerung durch materielle Vorteile im mitteldeutschen Zonengrenzgebiet zu halten, ist nach sowjetzonalen Angaben von 1950 bis 1959 die Wohnbevölkerung in den sowjetzonalen Zonengrenzkreisen um 8,3 v. H. zurückgegangen (in der gesamten SBZ um 6,0 v. H.). Am 31. Dezember 1959 wohnten 1,67 Millionen Menschen in diesem Gebiet.

Vor den Augen dieser Frau verfällt das Haus, in dem ihr Mann aufgewachsen ist und das sie mit ihrer vielköpfigen Familie 1952 von einer Stunde zur andern verlassen musste. Lange Jahre wohnte sie dann unmittelbar diesseits des Grenzzauns – der Heimat nah und doch so fern.’

Die bis 1990 offiziell bestehende Teilung Deutschlands war eine unmittelbare Auswirkung des Zweiten Weltkrieges, der damit bis heute weiterwirkt. Nach der Wiedervereinigung fing ein unvergleichlicher Lauf an, über 40 Jahre physischer, kultureller und ökonomischer Teilung aufzuholen. Die ‘blühenden Landschaften’ sind zwar da, aber nicht so, wie sich das viele vorgestellt hatten.

Verlauf der innerdeutschen Grenze

So verlief die Zonengrenze einmal längs durch Deutschland, von der Ostsee bis hinter Hof in Bayern.

Wer heute ernsthaft eine neue Teilung fordert, wie man es oft an Stammtischen hört, wer meint, es wäre für alle besser, ‘die Mauer wäre nie gefallen’, der zeigt wenig Verständnis für das Leid von Menschen – und noch weniger für Geschichte. Wer meint, man ‘müsse doch mal mit diesen alten Geschichten’ aufhören, der versteht nicht, wie sehr die Gegenwart auf der Vergangenheit aufbaut.

Verlauf der Grenze in Berlin - ab 1961 die Mauer

Die geteilte Stadt Berlin.

 

Die Aufnahmen sowie die orangefarbigen Texte stammen alle aus den Broschüren:

Titelbild der Propagandabroschüre 'Freie Stadt-Zwischen Stacheldraht?'

“Freie Stadt” — zwischen Stacheldraht?

Titelbild der Propagandabroschüre 'Mitten in Deutschland-Mitten im 20. Jahrhundert'

Mitten in Deutschland — Mitten im 20. Jahrhundert

Die Gesamtrechte der Publikationen liegen beim deutschen Staat, Einzelnachweise für Texte und Fotografen sind leider nicht vorhanden. Falls jemand weiß, wer welche Fotos gemacht hat – nicht nur der hier wiedergegebenen, sondern auch anderer –, melde sich bitte bei mir.

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